Ihre Gottesdienst-Erfahrungen?

Gyde Botsch hatte sich für ihre Arbeit im Pfarrgemeinderat von Sankt Familia vorgenommen, den persönlichen Zugang zur Bibellese und zur Spiritualität in unserer Gemeinde zu unterstützen.

Spannend

Sie findet die Zeit, in der die gewohnten Gottesdienstformen gar nicht oder nur unter erheblichen Einschränkungen gefeiert werden können, eher spannend als beängstigend. Deshalb hat sie große Lust, die Erfahrungen mit ungewohnten, neuen Gottesdienstformen zu teilen und sich darüber auszutauschen.

Einladend

Gyde: "Ich möchte ausdrücklich dazu einladen, eigene Erfahrungen für die Gemeinde aufzuschreiben! So wie die Jünger und Jüngerinnen, die sich von den Begegnungen mit dem auferstandenen Jesus berichtet haben, dürfen wir uns gegenseitig froh machen und ermuntern, neue Wege des Gottesdienstes zu entdecken."

Wer immer sich daran beteiligen will, ist herzlich eingeladen,

Er wird dann zeitnah hier hinzugefügt. Kurze Beiträge werden bevorzugt;-)

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Die Texte im Überblick:

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Im Bergpark Wilhelmshöhe

Ich greife einen Gedanken aus Harald Fischers Predigt vom fünften Sonntag in der Osterzeit auf.

Er sagte:„Wir sind in ein Fasten hineingestellt, dass wir nicht gewollt haben. Es ist ein Verzicht auf die gewohnte Weise, unseren Glauben zu leben. Wir erleben nicht mehr die Eucharistiefeier und die Gemeinschaft der Glaubenden als stärkende Mitte. (...)

Diese schmerzliche Zeit, dieses Fasten zwingt uns, neu zu fragen, worauf es jetzt eigentlich ankommt, was die Herausforderung an uns ist und wie wir die Gegenwart Gottes unter diesen Umständen, in dieser Zeit suchen und entdecken können.“

Es ist wahr: dieses Fasten, das haben wir nicht gewollt. Es ist kein Fasten, sondern ein Hungern.
Nach Wochen der Entbehrung beginnen wir zu hungern und dürsten immer sehnlicher nach Gottes Nähe und Gerechtigkeit.

Menschen entwickeln aus dem Mangel heraus oft erstaunliches Potential. Und so, wie Hungernde beginnen, über Köstlichkeiten zu sprechen und sich damit trösten und aufrichten, möchte Ihnen und Euch von einem Gottesdienst erzählen:

Ich habe ihn mit zwei Freunden gefeiert. Wir haben uns am Rand des Wilhelmshöher Parks getroffen und sind plaudernd immer weiter hinein gelaufen. Schließlich erreichten wir eine abgelegene kleine Wiese, die von zwei winzigen Bächlein eingerahmt wurde. Wir lagerten uns in gebührendem Abstand zu einander, sozusagen auf grüner Aue an frischen Wassern...
Statt der wunderbaren Orgelmusik, die sonst für uns spielt, sangen uns die Vögel. Wie Säulen ragten die Buchen empor. Es war wirklich so kitschig!
Wir begannen mit dem Taize-Lied: "Herr, lass meine Gedanken sich sammeln zu dir". Dann sprach jeder ein persönliches Gebet und wir lasen reihum das Evangelium von den Emmaus-Jüngern.
Die Freunde hatten einen weiteren Text mitgebracht, der sich mit den Chancen befasste, die diese Zeit des Auf-Brechens für unsere Kirche und auch die Welt bedeutet.
Darüber haben wir unsere Gedanken ausgetauscht und anschließend mit dem Vaterunser und einem weiteren Lied unsere Andacht beendet. Das Fazit war: was für ein Gottesdienst! Es hätte nicht schöner sein können.

Vielleicht, das wünsche ich Ihnen und Euch, macht diese Erfahrung Mut, etwas Ähnliches oder auch ganz Anderes auszuprobieren. Ich würde mich freuen, auch mit Menschen zu feiern, die ich noch nicht so gut kenne! Jesus ist auferstanden. Er geht durch geschlossene Türen und stillt unseren Hunger im Brotbrechen. Wir werden ihn erkennen!

Text: Gyde Botsch - 12. Mai 2020
Foto: © Kassel-Marketing GmbH

 

Wandern - Erfahrung von Gemeinschaft während Corona

Wir kennen uns aus der Gemeinde und zu viert wandern wir seit nun mehr sieben Wochen jeden Sonntag. Mal an der Werra, im Wolfhagener Land, im Naumburger Land, rund um Zierenberg, auf dem Dörnberg oder im Urwald nahe der Sababurg. Gegen zehn Uhr machen wir uns mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg. Angekommen in der Natur wandern wir gemütlich über (kleine) Berge, Wiesen und Felder, genießen die Ruhe, die Weite, den Wind, die Sonne, im April den Frühling und jetzt im Mai den beginnenden Sommer mit allem Grün, Rot, Gelb und Blau. Die Sonne wärmt schon am Vormittag, weiße Wölkchen sehen aus, als hätte sie jemand dort extra für uns platziert und strahlend blauer Himmel lässt uns sagen: „Das gibt’s ja gar nicht, so wunderbares Wetter“.

Oft kommen wir an einer kleinen Kirche oder Kapelle vorbei. Drinnen ist es kühl und die Ordnung, die wir vorfinden sowie die bemalten Steine, Karten oder Texte, berühren mich. Das alles hat jemand vorbereitet – wie schön. Manchmal lesen wir etwas oder singen ein Lied. Das ist zu viert nicht ganz einfach, denn normalerweise singen wir alle nur mit und nicht allein. Sich zu trauen das Gloria zu singen und sich selbst dabei zu hören, bedarf etwas Überwindung. Es zu viert als Kanon zu singen macht froh.

Immer wieder sehen wir Schafe und Ziegen, die unter den Bäumen grasen. Es sind Bilder, wie es sie vor zweitausend Jahren schon gab. Ach, was sind die Lämmer süß. Gegen Mittag machen wir Pause, essen und ruhen anschließend im Schatten der Bäume. Der Klangteppich von summenden Bienen, zwitschernden Vögeln und der Stille – da sind wir uns einig – ist wunderbar. Der Blick in die Täler und die Landschaft, die uns umgibt ist traumhaft. Manchmal gibt es ein Thema, welches sich entwickelt wie „Wasser“, „Heimat“ oder eine Geschichte, die einer mitbringt, darin tauchen wir ein und tauschen unsere Gedanken dazu aus. Kein Dach über uns, der Himmel beginnt bei uns, der Blick nach oben und um uns herum will sagen: „Wir haben Nichts, was wir festhalten können“. Wir sitzen am Bach oder auf einer Wiese, sehen Kühe, Rehe, Pferde (doch, es sind Pferde) und kleine Ortschaften - leider gibt es nirgendwo Kaffee.

Am Nachmittag kommen wir zurück und bleiben zusammen. Eine von uns hat etwas Essen vorbereitet. Aber erstmal auf dem Sofa ausruhen, die Beine ausstrecken, die Erschöpfung zulassen und den Gedanken nachhängen. Danach kommt Hunger und Durst, zuerst trinken wir Kaffee, dann helfen wir, das Essen zu zubereiten. Beim Essen werden wir so langsam wieder lebendig und ganz gesprächig. Schauen auf das Erlebte zurück und erzählen, was uns in den Sinn kommt, vom Hölzchen aufs Stöckchen sozusagen. Fast ist der Tag zu Ende.

Aber wir wollen noch gemeinsam das Evangelium lesen. Dafür wechseln wir vom Esstisch ins Wohnzimmer, werden noch mal ganz aufmerksam und ruhig. Mit viel Achtsamkeit und Wertschätzung teilen wir anschließend das „Wort“. „Denn ich bin bei euch“, „ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, „ich lasse euch nicht als Waisen zurück“ - wir lassen uns ein in dieses Wort, schenken und teilen etwas von uns mit den anderen.
Zum Abschluss singen wir gemeinsam ein Abendlied und müde verabschieden wir uns. Ja, unser Vertrauen und unsere Gewissheit wächst, dass auch am nächsten Sonntag, den wir gemeinsam verbringen wollen, unser Glaube ins Heute übertragen und verlebendigt wird. Es ist kühl, die Sonne geht unter und die Abendglocken läuten auf meinem kurzen Weg nach Hause. Ja, gleich kann ich die Wanderschuhe ausziehen. Ich spüre ganz viel Glück und bin so froh. DANKE für alles!1
1 Lob sei dir Christus.

Text und Foto: Anja Lipschik - 21. Mai 2020