Selbstverständnis der Gemeinde SANKT FAMILIA

Wie verstehen wir uns selbst? Ihre Meinung ist gefragt!

Im Entwicklungsprozess unseres Bistums "Bistum Fulda 2030" stehen vielfältige Veränderungen bevor, die auch Auswirkungen auf Sankt Familia haben werden.

Das war der Anlass für den Pfarrgemeinderat (PGR), sich intensiv mit dem Selbstverständnis unserer katholischen Kirchengemeinde zu beschäftigen.
Was macht uns aus?
Wofür stehen wir?
Was ist uns wichtig?
Was ist wesentlich für uns?
Was bringen wir in das Zusammenwirken mit anderen Gemeinden ein?

Herausgekommen ist ein Text, der in 18 kurzen Abschnitten Antworten auf diese Fragen gibt. Jetzt möchte der PGR wissen, was die Gemeindemitglieder dazu denken und ob sie sich in diesem 'Selbstverständnis-Papier' wiederfinden.

  • In einem ersten Schritt haben wir den Text hier online gestellt mit der Möglichkeit, den ganzen Text wie auch jeden einzelnen Abschnitt zu kommentieren. Der PGR wäre sehr dankbar, wenn Sie sich rege beteiligen!
  • Im zweiten Schritt laden wir am Donnerstag, 7. Juli, zu einer Veranstaltung ein, auf der wir über unser Gemeinde-Selbstverständnis ins Gespräch kommen wollen. Dabei finden auch die online-Kommentare Berücksichtigung.

Sie sind herzlich eingeladen, das "Selbstverständnis" von Sankt Familie zu kommentieren!

Das ist ganz einfach:
Zu jedem nummerierten Absatz gehört ein Kommentarfeld. Dort geben Sie Ihren Namen - oder einen ausgedachten Namen, wenn Sie mit dem eigenen Namen nicht öffentlich in Erscheinung treten wollen - und Ihre E-Mail-Adresse (die nicht erscheint) ein, schreiben Ihren Kommentar und auf "absenden" klicken.

  • Tipp: Schreiben Sie Ihren Kommentar zuerst im Textprogramm Ihres PCs/Laptops und kopieren Sie ihn von da in das Kommentarfeld. Wenn dann etwas beim "Kommentar absenden" schiefgeht, ist Ihr Text nicht verloren.

Jeder Kommentar wird dahingehend überprüft, ob er den Internetregeln entspricht (keine beleidigende, hasserfüllte, gewaltvolle, rassistische und sexistische Sprache!) und dann freigegeben.

Wir sind gespannt auf Ihre Meinung! DANKE für Ihre Rückmeldung!

Beschlussfassung

Hier können Sie den vollständigen Text "Selbstverständnis" in der aktuellen Fassung herunterladen ...

Einstimmig angenommen auf der Sitzung des Pfarrgemeinderates (PGR) der katholischen Kirchengemeinde Sankt Familia am 24. November 2020, um Absatz 14 erweitert am 14. Juni 2021.
© des Textes: PGR Sankt Familia

 

Wer sich zum Text insgesamt äußern möchte, kann das -> im letzten Kommentarfeld auf dieser Seite tun ...

I. Geistliche Grundlage

[01] Solange Menschen leben, sind sie auf der Suche: Sie suchen nach sich selbst, nach ihrer Identität, nach dem Sinn in ihren oft verwickelten Lebenswegen. Menschen suchen nach Orientierung und Halt. Sie fragen nach dem Woher und Wohin des eigenen Lebens, des Lebens allgemein und der Welt insgesamt. Menschen suchen nach Gemeinschaft, die zuverlässig trägt, besonders in dunklen und schmerzvollen Stunden.

Kommentar von Daniela Kietzmann |

Gerade in den hier aufgeführten Punkten war St. Familia für mich lebensentscheidend und sehr wichtig. Nach langer Glaubenskrise fand ich mich in St. F. bei Pfr. H. Fischer in einer Lebensschule, so nannte ich für mich die drei intensiven Jahre ab 1998, in denen ich unendlich viel gelernt habe in Kursen, einigen Begleitgesprächen und bei Anete und Otmar Leibold. Ohne diese Hauptamtlichen wird es schwer für die Gemeinde. Aber auch die Gemeinschaft, die von den Gemeindemitgliedern ausgeht und getragen wird, erlebte und erlebe ich als außergewöhnlich gut und hoffe, dass die in Zukunft bleibt. St. F. ist eine ungewöhnlich lebendige und offene Gemeinde. Ich habe so eine Gemeinschaft z.B. an meinem Wohnort in Schweden nie erlebt. Hier tauscht man sich NIE über den Glauben aus. Meine Versuche, einen Bibelkreis aufzubauen, sind gescheitert. Sehr schade. Auch wird man nicht von der Gemeinschaft getragen und trägt selbst wenig, obwohl ich ja dieselbe bin an beiden Orten. Damit will ich nicht meine hiesige Gemeinde kritisieren, sondern nur aufzeigen, dass St. Familia etwas wirklich besonderes ist!

Kommentar von Johanna Beisheim |

Es wundert micht, dass die heilige Eucharistie hier als Mahlgemeinschaft bezeichnet wird und sich das Recht rausgenommen wird, das Allerheiligste mit allen Menschen, unabhängig der Konfession zu teilen. Es ist gerade in Deutschland ein sehr stark diskutiertes Thema wie man in Konfessionsverschiedenheit trotzdem in Einheit miteinander leben könne, um so die wahre Einheit näher zu bringen, für die Jesus sein Leben hingegeben hat, ohne durch eine vorgetäuschte Wahrheit, die wahre Einheit zu verhindern. Seit über 2000 Jahren hält die katholische und auch die orthodoxe Kirche daran fest, dass zur Kommunion nur derjenige zugelassen wird, wer in voller Gemeinschaft der katholischen Kirche steht. Kommunion bedeutet nichts anderes als Gemeinschaft. Wir sind als Katholiken eine Gemeinschaft, weil wir alle den Leib Christi in Gestalt von Brot und Wein empfangen. Die Kirche versteht sich als das fortlebende Leib Christi. Somit ist die Zulassung zur Kommunion, denen vorenthalten,der aus ganzem Herzen glaubt, dass man unter den Gestalten von Brot und Wein, Jesus Christus selbst empfange. Wer das nicht glaubt, ist auch als Katholik sehr gut beraten sich nicht der Eucharistie zu nähern. Der Heilige Paulus sagt im 1. Korinther Brief "Wer davon isst und trinkt, ohne zu unterscheiden (also ohne sich bewusst zu machen, dass es sich hierbei nicht nur im Brot oder gesegnetes Brot, sondern um den Leib Christi selbst handelt), der zieht sich das Gericht zu, indem er davon isst und trinkt. Deswegen sind unter uns viele schwach und krank... " Paulus ist hier erschreckend deutlich: Wer die Eucharistie, die Nahrung und Arznei ist, empfängt, ohne sich bewusst zu machen, dass er den Leib Christi empfängt, dann bringt die Eucharistie die Person nicht nur NICHT zum Heil, sondern zum Schaden. Es bedarf hierbei also den Glauben an die Realpräsenz Christi. Ein Beispiel:Mein neugeborenes Baby würde ich keinem anvertrauen, wenn er denkt es ist nur eine Puppe.
Jesus selbst hat uns den größten Schatz hinterlassen: Sein Leib, sein Blut. Diesen Schatz gilt es zu hüten. Das muss man nicht glauben, aber zumindest sollte es von anderen Konfessionen respektiert werden.

Wenn ich also nach vorne gehe um die heilige Eucharistie zu empfangen, dann bringe ich damit nicht nur zum Ausdruck, dass ich daran glaube, dass Jesus Christus in Menschheit und Gottheit in Gestalt des Brotes gegenwärtig ist, sondern auch, dass ich ein Mitglied der Eucharistischen Gemeinschaft bin und sein will. Mit anderen Worten, bekenne ich mich durch mein "Amen" und durch das Glaubensbekenntnis zu dieser Kirche und auch zu ihren hierarchischen Strukturen.

Jeder hat seine persönlichen Gründe, warum er sich einer Konfession zugehörig fühlt. Der Protestant hat seine Gründe, der Katholik hat seine Gründe usw. Was uns zusammenhält ist Jesus selbst. Denn Jesus ist die Wahrheit. Bleiben wir also alle in der Wahrheit, die er vom Evangelium verstanden hat. Wenn ich mich zum römisch-katholischen Glauben bekenne, dann bitte koherent. Ich kann nicht sagen " so ein bisschen Kommunion finde ich gut, oder ein bisschen kirchlich heiraten ist auch schön" aber mit der Lehre der Kirche und dem Papst will ich eigentlich nichts zu tun haben. Denn dann sollte man sich ebenfalls von der Kommunion fern halten. Genau das gleich sehe ich für den Protestanten. Seien wir in unserem Glauben authentisch, so wie wir es von uns und auch von anderen verlangen.

Kommentar von Angela Makowski |

Weil ich nicht doppeln möchte, schreibe ich, dass Daniela Kietzmanns Aussagen mit meinen weitgehend übereinstimmen.

Kommentar von Isabella O'Hara |

Ich stimme mit Johanna Beisheim völlig zu. Es ist nicht nur eine Mahlgemeinschaft, sondern das Leib und Blut Christi. Das Kirchenrecht ist da sehr eindeutig und ich glaube, es ist wichtig daran zu halten.

Kommentar von Anne Rehrmann |

Kommentar von Johanna Beisheim: ich verstehe diese Äußerungen als Aufforderung an mich, mich von der katholischen Kirche zu trennen, denn ich habe die hierarchischen Strukturen noch nie akzeptiert und werde es auch nicht tun. St. Familia hingegen hat mir immer Heimat geboten und nicht nur mir, sondern auch anderen Menschen, die teils noch nicht mal katholisch sind. Jesus hat alle eingeladen und niemanden abgewiesen, die Hohe Priester hingegen immer wieder kritisiert….

Kommentar von Susanne Ludewig |

So: Auf geht es... Danke für die Vorarbeit...!!
Ich gehe die Punkte jetzt in aller Kürze durch...
zu 1) ja, schön, einverstanden...obgleich ich Gemeinschaft auch durch Resonanz hätte ersetzen können. Jedenfalls suche ich! das, und weniger einen Verein oder ein bestimmtes Milieu oder gar eine katholische "Blase"...

[02] Menschen suchen nach geistlicher Orientierung; nach Worten, die Nahrung sind für die Seele, nach Zeichen und Gesten, die stärken und zu trösten vermögen, weil in ihnen eine Zusage liegt, die über menschliches Sprechen und Tun hinausgeht.

Kommentar von Susanne Ludewig |

ja, "Futter", Stärkung, Tröstung - gerne.
Und da sind wir ja schon fast verwöhnt...Zweiplus geht gut!

[03] Menschen suchen nach Gott; nach dem namenlosen Geheimnis, das sie auch in ihrem Glauben nie gänzlich begreifen können, weil es immer nur ein Ahnen gibt von der unvorstellbaren Liebe, die das Evangelium als Gott bekennt. Die Bibel, das Erste und das Zweite Testament, umkreist in immer neuen Bildern, Erzählungen, Gebeten, Gleichnissen dieses Geheimnis, das jeden Glauben am Ende doch übersteigt.

Kommentar von Inga Schmidt |

Die "Suche nach Gott" ist in meinem Erleben gleichbedeutend mit dem "Streben nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit". Im moralischen Sinne.

In der Bibel sind uns folgende Aussagen von Jesus Christus über Seine eigene Wesenheit überliefert:
"Ich bin die Wahrheit".
Und an anderer Stelle steht Seine Aussage:
"Niemand kommt zum Vater denn durch mich."
Diese beiden Aussagen erlebe ich persönlich als Kernaussagen der gesamten Bibel, denn ich empfinde sie zutiefst als wahr!

Wenn ich mich nach meinen besten Kräften um Wahrheit und Wahrhaftigkeit in meinem Leben bemühe,
in Gedanken, Worten und Taten (was eine wirkliche Herausforderung jeden Tag darstellt!), im Umgang mit meinen Mitmenschen und im Umgang mit mir selbst, dann spüre ich die Verbindung zum lebendigen(!) Christus und dann fühle ich mich auch "Gott nah".

Und wenn ich andere Menschen wahrnehme, die ihrerseits bemüht sind, in Gedanken, Worten und Taten nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit zu streben und die sich für die Wahrheit einsetzen - allen Widrigkeiten zum Trotz - , dann fühle ich mich diesen Menschen besonders nah und "brüderlich verbunden".

Insofern finde ich die Umschreibung "namenlosen Geheimnis" für "Gott" nicht passend:
Ein "Geheimnis" ist, meinem Verständnis nach, etwas, von dem ich nichts weiß. Etwas, das es gibt, zu dem ich aber keinen Zugang habe oder von dem ich "ausgeschlossen" bin.
Gott ist, meinem Erleben nach, jedoch ganz real erlebbar, manchmal stärker, manchmal schwächer, manchmal vielleicht nicht spürbar (in der Seele), aber ich kann mich jederzeit vergewissern, dass es nur an mir selber liegen kann, wenn ich Ihn gerade nicht SPÜREN kann, denn Sein Wirken in der wunderbaren Schöpfung ist immer da und für alle sichtbar!
Spüre ich Gott nicht, dann verdunkelt gerade irgendein lügenhafter Gedanke die Wahrnehmung und es ist nicht immer leicht, herauszufinden, welcher es ist. (die Lüge ist sehr gut darin, sich möglichst nicht als solche zu zeigen...)

Ins reale ERLEBEN Gottes gelange ich, wenn ich mich zum besten meiner Möglichkeiten bemühe, nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit zu streben in Gedanken, Worten und Handlungen.

[04] Als christliche Gemeinde, die sich in der katholischen Tradition der einen universalen Kirche verortet, wissen wir, dass wir nicht im Besitz sind von klaren und festen Antworten auf die vielen offenen Fragen der Menschen und unserer Welt. Wir verstehen uns als Glaubende, die miteinander unterwegs sind, ähnlich den Emmaus-Jüngern: unterwegs mit unseren Fragen und Zweifeln, unserem Suchen und Hoffen, mit unserem großen und kleinen Glauben – oder auch mit gar keinem Glauben. Bei aller Verschiedenheit der Menschen, die sich der Gemeinde Sankt Familia zurechnen, sollte dies das einende Band sein: die gemeinsame Ausrichtung auf das Wort der Schrift, das immer wieder neue Suchen und Fragen danach, was die christliche Botschaft für das eigene Leben, für die Gemeinde und die Kirche, für diese Welt bedeutet.

[05] Nach dem Glaubensbekenntnis der Evangelisten ist Jesus mit seinem Leben, seiner Botschaft, mit seinem Sterben und Auferstehen die Liebes-Erklärung Gottes an seine Welt. Wir suchen als und in der Gemeinde immer wieder neu nach glaubwürdigen Wegen, uns an diesem in den Evangelien bezeugten Leben und Handeln Jesu zu orientieren und auszurichten.

II. Gelebte Praxis

[06] Mittelpunkt und Quelle des gemeindlichen Lebens ist die Liebe Gottes zu uns Menschen, die sich in der Feier des Gottesdienstes, der gelebten Nächstenliebe, der Gemeinschaft und der Weitergabe des Glaubens zum Ausdruck bringt.

Grundvollzüge

[07] Unser Gemeindeleben in Sankt Familia konkretisiert sich also in den vier Grundvollzügen, die den Alltag unserer Gemeinde bestimmen:

  • Eine erlebbare und gelebte Gemeinschaft, die die Menschen der Gemeinde auch im Lebensalltag zusammenführt und eine Ahnung davon vermitteln will, dass alle Menschen Gotteskinder sind, die unterschiedslos angenommen sind.
  • Eine lebensnahe Liturgie zum Lobpreis Gottes, die lebendig und einladend und deren Gestaltung Aufgabe der gesamten Gemeinde ist.
  • Die Weitergabe und Reflexion des Glaubens an Suchende, Kinder, Jugendliche und alle, die ein weiteres Wachsen und eine tiefere Durchdringung des Glaubens suchen.
  • In der gelebten Nächstenliebe versuchen wir uns den konkreten Herausforderungen des gelebten Glaubens in unserer Welt zu stellen. Dabei verpflichtet uns die besondere Nähe Jesu zu den Armen zu ebensolcher Nähe.

Kommentar von Daniela Kietzmann |

Erlebbare und gelebte Gemeinschaft, da zeichnet sich St. Familia wirklich durch aus. Liturgie zum Lobpreis Gottes, die lebendig und einladend wirkt, ja, das ist unsere Liturgie wirklich, nämlich würdig und feierlich, aber zugleich verständlich und alle (oder wenigstens wohl die meisten) ansprechend. Weitergabe und Reflexion des Glaubens an Suchende ... da gibt es ja unzählige hervorragende Angebote. St. Familia ist für mich auch oder ganz besonders deshalb eine glaubwürdige christliche Gemeinde, weil sehr viel Anregung zur Nächstenliebe gegeben wird und vorgelebt wird. Engagement für Flüchtlinge und Asylsuchende (vor allem die vielen im Kirchenasyl lebenden Menschen), z. B. die Einladung an Arme in Kassel, manchmal mit essen zu dürfen in St. Familia, das sehr große nachhaltige Engagement in Uganda, Kamerun, Palästina, um nur einige Beispiele zu nennen, so muss eine christliche Gemeinde sein, und jede / jeder einzelne von uns muss sich auch fragen, wie mein eigener Lebensstil mit meinem Glauben zusammenpasst. Das finde ich eigentlich am aller wichtigsten an einer Gemeinde.

Gemeindeverständnis

[08] Zu unserem Verständnis von Gemeinde gehört, dass wir uns als offen und einladend für alle Menschen verstehen, gleich welcher Weltanschauung, Religion oder Konfession sie angehören. Christen aller Konfessionen sind eingeladen, in den Gottesdiensten auch die Mahlgemeinschaft zu leben.

Kommentar von Ralf Kawitzke |

Schade, ich hätte mir gewünscht, das auch Nichtchristen nicht aus der Mahlgemeinschaft im Gottesdienst ausgegrenzt werden. Diese Mahlgemeinschaft sollte doch für alle Menschen zugänglich sein, die wie Jesus, einen liebevollen Umgang untereinander pflegen.

Kommentar von Gyde Botsch |

Nicht-christliche bzw. nichtgläubige Freunde und Freundinnen habe ich schon mehrmals zur Mahlgemeinschaft eingeladen. Sie haben mitgefeiert und sich statt der Hostie den Segen geben lassen.

Kommentar von Ute Sommer |

Ich fände es wunderbar, wenn wir sagen, jede und jeder, der das ernsthaft will, ist eingeladen, mit uns Mahlgemeinschaft zu leben.

Gemeindezugehörigkeit

[09] Die Gemeindezugehörigkeit ergibt sich bei uns nicht zunächst aus der Wohnadresse. Die weitaus meisten Gemeindemitglieder wohnen z. Zt. weit verstreut in Stadt und Landkreis von Kassel. Die Zugehörigkeit zur Gemeinde ist unabhängig vom Wohnort. Wer sich Sankt Familia zurechnet, kann unabhängig von seinem Wohnort voll und ganz Anteil nehmen an allen Aktivitäten der Gemeinde und auch in den Gremien der Gemeinde mitentscheiden.

Gemeindestruktur

[10] Die Gemeindestruktur von Sankt Familia ist in der Geschäftsordnung des Pfarrgemeinderates vom 12. Dezember 2017 festgelegt. Wir üben uns in einem pastoralen Leitungsmodell, das auf den vier Grundvollzügen von Kirche und einer lebendigen katholischen Gemeinde aufbaut (Gemeinschaft, Liturgie, Weitergabe des Glaubens, Nächstenliebe) Jeder dieser Grundvollzüge wird durch eine/n Beauftragte verantwortet, die ihn lebendig hält, fördert und die Aktivitäten in diesem Bereich koordiniert. Es ist ein Team-Leitungsmodell, in dem Hauptamtliche (Pfarrer, Gemeindereferentin) und Ehrenamtliche (gewählte Gremien, Beauftragte) gemeinsam auf Augenhöhe den Leitungsdienst ausüben.

Selbstverpflichtung

[11] Die Gemeinde hat in ihrer Abstimmung (Wahl vom 7. März bis 2. April 2018) eine Selbstverpflichtungserklärung zum Ausdruck gebracht, dass sie die Entscheidungen des verantwortlichen Leitungsteams respektiert. Dieser Selbstverpflichtung haben auch die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugestimmt, und es wird erwartet, dass auch zukünftige hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem zustimmen.

Hauptamtliche

[12] Die primäre Aufgabe des Pfarrers ist es, Seelsorger und Spiritual der Gemeinde zu sein, die Sakramente zu feiern und die Ehrenamtlichen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Die Gemeindereferentin koordiniert und unterstützt die vielfältigen Aktivitäten der Gemeinde, insbesondere die Arbeit der Ehrenamtlichen. Beiden Hauptamtlichen (Pfarrer, Gemeindereferentin) kommt die Aufgabe zu, die Charismen der Menschen wahrzunehmen und sie zu ermutigen, sie in der Gemeinschaft fruchtbar werden zu lassen.

Gottesdienst

[13] Zentraler Begegnungsort des gemeindlichen Lebens ist der sonntägliche Gottesdienst: Menschen kommen zusammen, um sich im Hören auf das Wort Gottes neu auszurichten, um das Lob Gottes zum Ausdruck zu bringen, um Gemeinschaft und geistliche Stärkung zu erleben.
Der Gottesdienst wird in drei Formen gefeiert: Als Eucharistiefeier, als Wort-Gottes-Feier und als Wortgottesdienst mit Kommunionfeier.
Die Wort-Gottes-Feiern und die Wortgottesdienste mit Kommunionfeier werden von Mitgliedern unserer Gemeinde geleitet. Dadurch soll deutlich werden, dass es Aufgabe aller Menschen der Gemeinde ist, das Wort Gottes zu bezeugen und die Verantwortung für die Feier des Gottesdienstes gemeinsam zu tragen.
Ein besonderes Anliegen ist uns, Familien mit Kindern anzusprechen. Dazu sind regelmäßige Familiengottesdienste, Kindergottesdienste, Gemeindewochenenden, Kinder- und Jugendfreizeiten und andere Angebote unverzichtbare Elemente.

Gesellschaft und Politik

[14] Die Gemeinde versteht sich als Teil der Gesellschaft und diskutiert auch aktuelle gesellschaftliche und politische Themen und Ereignisse. Wir orientieren uns dabei am Geist des Evangeliums und streben nach einem Wachsen von universaler Gerechtigkeit.

Gleichberechtigung

[15] Zu unserem Gemeindeverständnis gehört, dass alle Menschen gleichberechtigt sind. Dementsprechend setzen wir uns für Reformen in der Kirche ein, wo Gleichberechtigung bisher nicht umgesetzt ist. Wir stehen für eine volle Teilhabe von Frauen am Amt, auch als Priesterinnen. Menschen, die in der katholischen Kirche die Erfahrung von Benachteiligung und Ausgrenzung machen wie zum Beispiel wiederverheiratete Geschiedene und Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben – sind volle und gleichberechtigte Mitglieder unserer Gemeinde.

Kommentar von Isabella O'Hara |

Die Kirche hat gute Gründe dafür, warum das Amt der Priester nur Männern vorbehalten wird. Der Priester ist in seinem Amt stellvertretend für Christus. Somit ist die Kirche symbolisch seine Braut. Frauen sind natürlich gleichwertig und können andere Aufgaben in der Kirche übernehmen. Mit der Priesterweihe der Frauen kann ich aber keineswegs übereinstimmen.

Kommentar von Daniela Kietzmann |

Jesus hatte weibliche Jüngerinnen, was in der damaligen Zeit ziemlich ungewöhnlich war. Von Martha ist das fast ganz gleichlautende Messiasbekenntnis (Joh 11,27) wie von Petrus überliefert (Mt 16,16). Nur Frauen waren Zeugen des Todes und der Grablegung Jesu (bei den Synoptikern), und eine Frau (Johannesevangelium) bzw. Frauen (Synoptiker), nicht welche von den männlichen Jüngern, war Erstzeugen der Auferstehung. Jesus hat ja nicht selbst Priester berufen, die gab es ja nicht in der Jesusbewegung, sondern erst Generationen später. Jesus hat Frauen und Männern gleichermaßen Auftrag gegeben, die Frohe Botschaft zu verkünden. Z.B. in Joh 4,29 und Joh 4,39 heißt es , dass viele Menschen zum Glauben kamen auf das Wort der Samaritanerin hin.
In den protestantischen Kirchen hat man seit einigen Jahrzehnten weibliche Pfarrerinnen und sogar Bischöfinnen. Da erleben wir, dass das sehr authentisch ist und den Kirchen (der Reformation) überhaupt nicht schadet, im Gegenteil. Es gab ja bis vor ein- zwei Generationen sehr viele Berufe, die Frauen auszuüben verwehrt war. Geht man noch weiter zurück in die Historie, da war es Frauen verwehrt, die meisten Berufe auszuüben. Viele Talente von Frauen konnten sich nicht entfalten. Es ist eher historisch als theologisch begründbar, dass es nur männliche Geweihte in der katholischen Kirche gibt. Ich rechne damit, dass das auch so bleiben wird (weil es mich extrem wundern würde, wenn die Kirche sich so weit ändern würde), finde es aber sehr, sehr schade.
Faktum ist, dass es weltweit immer mehr Priestermangel gibt, und in spätestens einer Generation wird es an den meisten Orten kaum noch regelmäßige tägliche oder wenigstens wöchentliche Eucharistiefeiern für katholische Gläubige geben. An vielen Orten ist das ja sogar schon heute so. Es wird nur noch selten Eucharistie gefeiert werden, und zum Priester wird man keine Beziehung mehr haben, da er seine Gläubigen gar nicht mehr persönlich kennen können wird, weil er für viele Gemeinden zuständig sein wird. So wird es zumindest wohl an vielen Orten aussehen. Ich persönlich verstehe nicht, warum Rom diesen Weg vorzieht, aber es ist nicht meine Sache.

Hilfe für Geflüchtete

[16] Wir setzen uns seit langem für Menschen ein, die aus verschiedensten Gründen ihre Heimat verlassen mussten. Konsequenz dieser Haltung ist, dass wir immer wieder Menschen in besonderen Härtefällen Kirchenasyl gewähren.

[17] Für die Sankt Familia-Gemeinde sind Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit mit dem Evangelium nicht vereinbar.

Alle sind eingeladen

[18] Wir freuen uns über jeden und jede, die sich in Sankt Familia eingeladen fühlen – zum Suchen und Fragen, zum Vorbeischauen und genau Hinsehen, zum Mitdenken und Mitfühlen, zum Mitwirken und Mitgestalten, zum Mitreden und Mit-stille-sein, zum Beten und Bleiben oder auch zum Beten und wieder Weiterziehen.
Die Menschen der Gemeinde Sankt Familia sind alle verschieden – in ihren Lebenswegen, in ihren Glaubenswegen, in ihren Hoffnungen und Zweifeln – und das ist gut so, weil in den Unterschieden aller die Würde jeder und jedes Einzelnen liegt.
Was eint uns in allen Unterschieden? Immer wieder dies: Wir nennen den Namen Gottes in unseren Gebeten. Wir wissen nicht so genau, was wir damit sagen. Aber das Eine wissen wir: Dass wir mit diesem Namen aufs Ganze gehen; dass wir mit diesem Namen „die große Unbescheidenheit lernen, die mit nicht weniger zufrieden ist als mit der Freiheit der Besessenen, dem Augenlicht der Blinden, der Sprache für die Verstummten und dem Leben für die Toten”.

(Fulbert Steffensky, Gewagter Glaube. Stuttgart 2012, S. 123)

Kommentar von Ulrike Ladleif |

Aus tiefem Herzen danke ich für diese tiefen Worte, die das Unsagbare verbildlichen. Das ist es warum ich als „gläubige Heidin“ mich zugehörig zu S Familia fühle. Das auch schon unter dem alten Pfr Heinz Fischer

Anmerkungen zum gesamten Text "Selbstverständnis"

Wer sich zum Text insgesamt (> Download) äußern möchte, kann das hier tun.

Kommentar von Klaus und Doris Kreiker |

Danke für dieses Statement, dem wir voll und ganz zustimmen.
Wie wunderbar, dass es diese Gemeinde gibt!

Kommentar von Jürgen Vaupel |

Ich finde den Text sehr gut und kann mich in allen Punkten gut wiederfinden.
Ich schlage noch eine Ergänzung vor, etwa in der folgenden Weise:
"Innerhalb der katholischen Kirche setzen wir uns für ein Mehr an Gleichberechtigung und demokratischen Strukturen und ein Weniger an Klerikalismus und innerkirchlichen Machtstrukturen ein."

Kommentar von Maria Weidemann |

Vielen Dank an den PGR für dieses mutige und richtungsweisende Dokument. Ich freue mich auf den Austausch am 7. Juli 2021 und hoffe, dass sich viele aus der Gemeinde daran beteiligen werden.

Kommentar von Angela Makowski |

Natürlich gefällt mir das PGR-Engagement sehr, das z.B. in diesem "Selbstverständnis" wahrnehmbar ist. Ich möchte darüberhinaus schreiben:
Zu 2, 3: Der Text beschreibt “die Menschen” und theologisiert. Ich lese hier eine Charta. Ich hatte von dem Begriff “Selbstverständnis” erwartet, zu lesen, wozu die “Selbstverständnis-Träger” in St. Familia Menschen ermutigen will.

Zu 4: Warum sollte dies das einende Band sein? In meinem Verständnis ist es das.

Zu 11: Vielleicht ist das diskutiert, hier finde ich nicht: in reglmässigem Rhythmus Selbstreflexion zu betreiben hinsichtlich der inhaltlichen Gemeinsamkeiten, der vordem beschlossenen Ziele und
dem persönlichen Zusammenwirken. Unsere Gemeinde ist hoffentlich nach Corona so dynamisch, dass weiterhin Menschen je nach individueller Lebensphase mitmachen oder aussteigen können. Die dermaleinst kommenden Hauptamtlichen werden – nehme ich an – dieses Selbstverständnis-Papier als Teil ihres neuen Arbeitsortes als gesetzt wahrnehmen.

Kommentar von Peter Illing |

Auch wir in der Gemeinde Sankt Familia befinden uns mit dem Bistum Fulda auf dem Synodalen Weg. Dabei müssen wir uns besonders mit Themen beschäftigen, die der Verkündigung im Wege stehen, wenn sie weiterhin nicht geklärt werden. So geht es darum, wie Kardinal Marx und Prof. Sternberg feststellten, „wie wir als Kirche heute den Menschen, der Welt und Gott dienen können“. Um die Menschen erreichen zu können, muss sich die Kirche in vielen Punkten verändern. Unser Pfarrgemeinderat hat mit dem vorgelegten Text gute Antworten aufgezeigt, mit denen wir uns als Gemeinde nun weiter auseinandersetzen müssen.

Kommentar von Regina Kleinoth |

Die Gemeinde St. Familia ist für mich LEIDER ein Einzelfall.
ZUr offiziellen Amtskirche mitihrem Machtanspruch, Dogmatismus und ihren autoritären Strukturen steht sie in diametralem Gegensatz. Sie erinnert mich eher an das Urchristentum. Hier steht der Mensch mit seinen Glaubensbedürfnissen und -nöten im Mittelpunkt und nicht z.B. eine formale Konfessionszugehörigkeit. Hier darf man offen seine Zweifel äußern und seinen eigenen Glaubensweg gehen. Hier fühlt man sich in seinem So-Sein angenommen. Und nur so findet man zu echtem Glauben. Es wundert mich daher nicht, dass hier so viele Menschen aus allen HImmelsrichtungen zusammenkommen und von Kirchenaustrittsstimmung nichts zu spüren ist.
Kommunikation auf Augenhöhe und demokratische Strukturen sind zukunftsweisend und wären es ebenso für unsere Gesellschaft.
Ich halte die Debatte über das Selbstverständnis unserer Gemeinde für ihre Zukunft (v.a. nach Pfr. Fischers Weggang, leider!!!) und die Teamleitung für wesentlich zur Erhaltung des spezifischen Charakters unserer Gemeinde. Als Fazit kann ich nur sagen: m.E. sind es die richtigen Schritte in die richtige Richtung.

Kommentar von Ute Sommer |

Liebe Rätinnen und Räte,
ja, ich bin sehr einverstanden mit diesem "Selbstverständnis". Von mir aus könnte es in einem Punkt noch weiter ausgreifen und erwähnen, dass wir uns in Respekt auch vor anderen Religionen verneigen, da ja doch eher Zufall ist, in welcher Tradition jemand gerade aufwächst oder sonst in seinem Leben in Berührung kommt.
Außerdem: Vielleicht hattet Ihr ja gute Gründe, Euer Vorgehen nicht im Voraus publik zu machen; ich hätte es jedenfalls schön gefunden, wenn ich vorher davon gewusst hätte, um Euch im Gebet zu begleiten. Nicht, weil ich denke, dass das Ergebnis dann besser geworden wäre, sondern weil ich das Bedürfnis habe, als auch Gemeinde Anteil zu nehmen. Könnte man daraus lernen?