Am Ende ist das Wort. Leidenschaft

Aschermittwoch bis Karfreitag 2022

"Wer zur Fastenzeit Sankt Familia betritt, wird von einem magischen Leuchten angezogen. Ein Graffito aus Licht strahlt von der Höhe der Apsis herab. Sein schrilles Rot erfüllt den Raum und dringt in unsere Augen. Und wer die Augen schließt, bemerkt: Vor der Leidenschaft gibt es kein Entkommen.", schreibt Angela Makowski in ihrer Einführung zum Kunstwerk von Rana Matloub.
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  • Verein für Christliche Kunst in der Kirchenprovinz Paderborn e.V.
  • Ohm&Häner Metallwerk GmbH & Co KG, Olpe
  • Kulturamt der Stadt Kassel
  • Städtische Werke AG, Kassel

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Kommentar von Christoph Baumanns |

Zwei Ansichten bewegen mich bei Rana Matloubs Installation ganz besonders.
Eins: Dass das Kreuz nicht faktisch verhüllt ist, sondern dass die Leuchtschrift meinen Blick auf sich zieht und damit den Blick vom Kreuz ablenkt, selbst wenn ich ganz nahe am Kreuz vorbei schaue.
Zwei: Die durch den Wandstaub markierten Flächen, in denen wenige Tage zuvor noch die Kreuzwegstationen gehangen haben. Das Leiden weggepackt, nicht einfach weggetan, sondern sorgfältig verpackt und eingelagert. Ganz im Wissen darum, dass der Kreuzweg nicht zu Ende ist.

Kommentar von Ute Sommer |

Danke! DANKE !! D A N K E !!!
für diese wundervolle Zusage!
Seit ich in diese Kirche zum Gottesdienst komme, habe ich mir immer wieder sehnlichst gewünscht, dass wenigstens das Dach fort sein möchte, damit die Verbindung zum Himmel offensichtlich wird und weil sich das Gebäude so viel zu klein für Gott anfühlt. Am liebsten hätte ich, wenn wir einfach im Freien sein könnten. Wenigstens eine Glaskuppel, die ein wenig mehr den Himmel hereinlässt!
Jetzt ist es umgekehrt gekommen: Der Himmel hat sich wie durch die Wand der Apsis hindurchgebrannt mit einem Feuer, das nicht verzehrt, sondern schieres Leben ist, göttliche Zusage in diesem einen Wort.
Von mir aus brauchte man jetzt nicht einmal mehr die Wände neu zu streichen, das wird alles völlig unwichtig.
Nur bitte möchte dieses Wort da bleiben!

Kommentar von Gabriele von Karais |

Über dem Kreuz strahlt blutrot Leidenschaft. Leidenschaft, die Leiden schafft bis ans Kreuz. Leidenschaft für die Fülle des Lebens, den Tod beinhaltend und durch ihn hindurchweisend ins Leben.
Dazu im Gegensatz der Kirchenraum, heruntergekommen, grau, verstaubt, die Wände schmutzig. Diese Kirche hat ihren äußeren Glanz verloren. Was für ein Sinnbild für den Zustand der heutigen Amtskirche. Doch es geht nicht um Glanz und Gloria, darum ging es nie. Es geht um einen Menschen, um Jesus aus Nazareth, um sein Brennen, seine Leidenschaft für seine Botschaft: Liebt einander, wie ich euch geliebt habe. Ihm folge ich nach, mit meiner Leidenschaft, mit und ohne Kirche.

Kommentar von Hanna Ruppe |

Ein Menetekel in der Apsis? Nein … "Leidenschaft", das ist doch keine Warnung, oder?
Trotzdem fühle ich mich an "Belsazar" erinnert. "Und schrieb und schrieb an weißer Wand / Buchstaben von Feuer und schrieb und schwand." Alles mal gelernt, in lang vergangenen Schultagen. Wo hat Heine das gleich noch hergenommen? Ich schlage nach. Altes Testament, Buch Daniel, richtig. Schaurige Geschichte, aber starkes Bild. So etwas würde man gewissen modernen Despoten auch mal wünschen, so ein handfestes Menetekel und ein heiliges Erschrecken darüber.
Die Botschaft an uns ist sehr viel schöner. "Leidenschaft." Und passt doch sehr gut in diese Fastenzeit. Ich fühle mich an eine weitere Bibelstelle erinnert. Wie ging die noch mal? Wieder suche ich und finde sie in der Offenbarung des Johannes: "Du bist weder kalt noch heiß. Wärest du doch kalt oder heiß! Weil du aber lau bist, weder heiß noch kalt, will ich dich aus meinem Mund ausspeien."
Leidenschaft. Es geht hier sicher nicht um meine Leidenschaft für Beethoven, Katzen oder Erdbeerkuchen. Es geht darum, sich klarzuwerden, wofür man steht - und dann auch wirklich dafür einzustehen. Die Zeit der Leisetreterei ist vorbei. Setz dich mit all deinen Kräften dafür ein, was dein Herz als richtig erkannt hat. Alles andere ist verschwendete Zeit.
Kein Menetekel, das Werk von Rana Matloub. Aber schon eine eindringliche Mahnung. Ich find's gut.

Kommentar von Anja Lipschik |

Die Freude über diese erleuchtete Schrift war groß, als ich sie zum ersten Mal sah. Leidenschaft, der Inbegriff von großem Glück, Freude, Lebendigkeit, Springen, Tanzen, Pläne schmieden, Ideen. Das bedeutet mit voller Energie und Zuversicht im Leben stehen.
Doch ein bisschen schwingt auch Furcht mit. Furcht vor der Wucht der Gefühle, vor den Verletzungen, der Enttäuschung, den nicht erfüllten Gefühlen, Kränkungen, den Schicksalsschlägen und dem Kummer, der damit verbunden ist.
Dafür steht dann das Kreuz für die Hoffnung, den Glauben, die Zuversicht und die Zusage Gottes, geliebt zu sein und getragen zu werden, egal was kommt. Symbol des Leidens und der Passion.
Deshalb hat der rot erleuchtete Altarraum jetzt durch die Installation eine Anziehungskraft wie der brennende Dornbusch, der doch nicht vom Feuer verzehrt wird.
In diesem Spannungsfeld steht für mich diese Installation - im Stirb und Werde. Interessant war die Erfahrung am Sonntag: den Mittelgang durchzugehen bis in die Absis. Nicht vor das Kreuz, sondern hinter das Kreuz unter die Leuchtschrift. Dort hatte ich das Gefühl von Frieden. Geborgen zu sein im Rund des Kirchengewölbes, direkt über mir die leuchtende Aura der Leidenschaft - in direkter Nähe zum Kreuz. Das ist berührend.

Sankt Familia, Aschermittwoch bis Karfreitag 2022

von Angela Makowski

 

RAL 3017 „Bordellrot“, Höhe 1,64 m, Breite 5,20 m, LED-Schlauch in RGB Kunststoff, Konzept Rana Matloub, Ausführung Stefan Kemna. Am Ende ist das Wort.

Wer zur Fastenzeit Sankt Familia betritt, wird von einem magischen Leuchten angezogen. Ein Graffito aus Licht strahlt von der Höhe der Apsis herab. Sein schrilles Rot erfüllt den Raum und dringt in unsere Augen. Und wer die Augen schließt, bemerkt: Vor der Leidenschaft gibt es kein Entkommen.

Das Wort, das dort oben leuchtet, steht nicht in Standardschrift geschrieben, ist nicht in vorgefertigter, sachlich-nüchterner Typografie gefasst, sondern eine individuelle Handschrift mit expressivem Duktus und kalligrafischem Schwung bezeugt die menschliche Urheberschaft. Die Künstlerin hat mit großer Geste persönlich den Kirchenraum signiert. Das Mittel dazu ist der Werbeästhetik im städtischen Außenraum entnommen; der Alltag dringt in die Stille des Sakralraums ein und macht ihn zu einem Ort der Begegnung zwischen Menschen und ihren Leidenschaften. Letzteren hat Rana Matloub in einem zweijährigen Entwurfsprozess einen prominenten Platz zugeschrieben: ein Menetekel der menschenzugewandten Liebe. Ihr künstlerisches Konzept ist umso bemerkenswerter, als sich die Bibel zur Leidenschaft eher leidenschaftslos äußert. In nur wenigen Passagen wird sie mit der animalisch-heidnischen Affektwelt verbunden.

Das hat es in Sankt Familia noch nie gegeben: Der von der Liturgie bespielte Raum endete bisher am Tabernakel, gelegentlich am Taufbecken. Nun aber geht der Blick hoch und weit über das Kreuz hinweg in eine nicht exakt fassbare geistige Sphäre. Im Zugehen auf den Altarbereich verbinden sich Symbol und Wort; die unterschiedlichen Zeichensysteme kommentieren sich wechselseitig. Auch das Kreuz wird dabei überstrahlt von der Flammenschrift an der Wand – aber es wird nicht unsichtbar.

War bisher während der Fastenzeit das Kruzifix durch künstlerische Eingriffe verhüllt, wird nun ein umgekehrter Impuls sichtbar. Beim Durchschreiten des Raumes setzt sich das Kruzifix je nach Betrachtungsposition zum Schriftzug in wechselnde Beziehung: Es überdeckt das Wort in einzelnen Abschnitten – und gibt es partiell wieder frei.

So verknüpft sich in der diesjährigen Passionszeit das Symbol von Leiden, Tod und Auferstehung mit dem urmenschlichen Antrieb der Leidenschaft. Die Unter- und Oberlängen des Begriffs werden gleichsam zu Blut- und Bewegungslinien der tödlichen Lanzenstiche. Nach dem Durchgang unter dem Kreuz/Ist man unter dem Kreuz hindurchgegangen, enthüllt sich die offen zur Schau gestellte Leidenschaft zu vollkommener Freiheit.

Auf dem Weg vom Hauptportal zur Altarinsel fallen Leerstellen an den Wänden der Seitenschiffe auf. Rana Matloub hat die gemalten Kreuzwegstationen abgehängt, um damit unsere Phantasie von allen erzählenden, figürlich-bildhaften Vorstellungen über das Passionsgeschehen zu befreien. Einzig die Relation von Kruzifix und Leuchtspur soll diesmal den Meditationsweg entlang der Mittelachse bestimmen. Alles läuft auf das Kreuz hinaus – und darüber hinaus auf das Wort. Im Anfang war das Wort: „Alles ist durch das Wort geworden… in ihm war das Leben… das Licht der Menschen… und die Finsternis hat es nicht erfasst.“ (Joh 1, 1-5)

Angela Makowski

RAL 3017 „Bordellrot“, Höhe 1,64 m, Breite 5,20 m, LED-Schlauch in RGB Kunststoff
Konzept: Rana Matloub
Ausführung: Stefan Kemna
Am Ende ist das Wort.

 

Wir danken herzlich den Förderern:

Verein für Christliche Kunst in der Kirchenprovinz Paderborn e.V.
Spims statt Spams

Die spirituellen Impulse von Sankt Familia widmen sich in der Fastenzeit dem Thema, das Rana Matloub mit ihrer Installation im Kirchenraum verankert hat: Leidenschaft.