174. Gemeindebrief zum 19./20. August 2023

Liebe Gemeinde!

Dass wir Menschen ein Leben lang Lernende bleiben (müssen), ist selten so deutlich gewesen, wie zu unseren Zeiten. Wer meint, eine anspruchsvolle Arbeit immer mit dem Wissen bewältigen zu können, das wir uns in der Ausbildung oder im Studium erworben haben, ist ganz schnell “von gestern”.

Wer will sich von einem Arzt behandeln lassen, der seit 20, 30 Jahren keine Fortbildung gemacht hat? Wer nicht wenigstens Grundkenntnisse im Umgang mit dem Internet gelernt hat, ist mittlerweile aus vielen Lebensbereichen ausgeschlossen. Selbst, um ein neues Auto zu bedienen, muss man mittlerweile ausführliche Bedienungsanleitungen studieren.

Was uns in den meisten Lebensbereichen selbstverständlich ist, gilt auch beim religiösen Wissen.

Wer meint, mit dem auszukommen, was man in früher Kindheit im Erstkommunionunterricht oder vielleicht noch bei Konfirmation oder Firmung über den Glauben und das christliche Grundverständnis erlernt hat, wird schnell an scheinbar unlösbaren Glaubensfragen scheitern. Aber: wenig von dem, was sich Menschen unter dem Wort “Gott” vorstellen, ist Gegenstand christlichen Glaubens. Wie viele grundlegend falsche Glaubensvorstellungen sind mit dem verbunden, was Menschen mit den Worten “Glaube”, “Sohn Gottes”, “Schöpfung”, “Wunder” usw. verbinden!

Auch zum Glauben gehört ein lebenslanges Lernen dazu.

Verwundert es Sie, zu hören, dass das auch für Jesus galt? Auch er musste seinen Glauben lernen. Auch er musste immer wieder darum ringen, in den verschiedensten Abschnitten seines Lebens neu und besser zu verstehen, was oder wer “Gott” ist. Er musste erst mühsam lernen zu verstehen, was sein eigener Auftrag, was seine persönliche Lebensberufung war.

Das Evangelium, das wir an diesem Sonntag in unseren Gottesdiensten hören, macht das deutlich.
Tanzende Frauen. Bild: Peter Weidemann, pfarrbriefservice.de
Bild: Peter Weidemann, pfarrbriefservice.de

Auch Jesus musste seine eigenen begrenzten Vorstellungen zunächst kennenlernen – um sie übersteigen zu können. Das mindert nicht seine Bedeutung. Im Gegenteil. Die Evangelisten hatten den Mut, auch Jesus als Lernenden zu schildern. Und sie zeigen uns damit, dass wir uns unseren eigenen Glaubensfragen stellen und in unserem Glauben wachsen dürfen.

Auch im Glauben bleiben wir ein Leben lang Lernende.

Gerade so werden wir den Anforderungen und Herausforderungen des Glaubens gerecht. Jesus merkt im Evangelium – auf das Drängen einer Frau hin –, dass sein Wort Bedeutung hat, auch über die Grenzen hinaus, die er bis dahin vermutete. Der Glaube einer Frau hat ihm geholfen, etwas über sich selbst zu erkennen. Sie hat ihm geholfen, etwas zu lernen, was ihm bis dahin noch nicht bewusst war. In den Evangelien werden uns sehr viele Beispiele gezeigt, wie Frauen sowohl Glaubensvorbilder sind als auch “mehr” vom Glauben verstanden haben. Sie haben manchmal mehr von der Botschaft Jesu verstanden, selbst als die nahen, beauftragten Jünger Jesu. Es wird Zeit, dass wir in unserer, der römischen Kirche, diese Wirklichkeit anerkennen und sie auch in die Strukturen unserer Kirche umsetzen.

Auch dadurch, dass Frauen endlich den offiziellen Auftrag bekommen, den Glauben zu verkünden und ihn auch sakramental als Priesterinnen zu feiern.

 

Die Gottesdienste am Wochenende

 

Ruhendes Gemeindeleben

In den Ferien ruht auch das Gemeindeleben weitgehend. Wir wünschen allen Gemeindemitgliedern eine erfüllende Sommerzeit und besonders denen, die jetzt irgendwo in der Ferne Entspannung und Ruhe suchen, dass sie genau das finden mögen, was sie suchen. Die neuen Medien machen es ja möglich, dass der Gemeindebrief auch irgendwo in der Welt gelesen werden kann. Schön, dass auf diese Weise Verbindung möglich bleibt.

 

ein Herz, das liebt

Im Tagesgebet dieses Sonntags heißt es: “Barmherziger Gott, was kein Auge geschaut und kein Ohr gehört hat, das hast du denen bereitet, die dich lieben. Gib uns ein Herz, das dich in allem liebt und dass wir so den Reichtum deiner Verheißungen erlangen, der alles übersteigt, was wir ersehnen”.

Ich wünsche Ihnen ein Herz, das liebt und den Reichtum der Gottesverheißungen erahnen lernt.

 

Ihr Harald Fischer, Pfarrer, für das Leitungsteam von Sankt Familia

zum 19./20. August 2023, zwanzigster Sonntag im Jahreskreis

 

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